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Die rechte Hand der Krone

Neubuch

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Details zum Buch

Beschreibung

Prolog Es waren nicht allein die Sterne, die den dunklen Himmel über der sicanischen Hauptstadt erleuchteten. Fackel um Fackel und rote Leuchtraketen erhellten die Nacht, als der wütende Mob vor dem königlichen Palast aufmarschierte. Protestschreie vermischten sich mit dem Rot des an die Palastmauern geworfenen Feuers. Mit Eisenstangen zerschlugen sie Autos auf dem Hinweg und brüllten Vorwürfe durch ihre Megafone, die selbst Prinz Kerem nicht überhören konnte. Alleine streifte der junge Königssohn durch die Palastgänge, auf der Suche nach seinem Bruder Cinar und seinem Berater Nev. Bei dem Aufruhr war es nur eine Frage der Zeit, bis man versuchen würde, den Palast zu stürmen. Das würden die Wachen zu verhindern wissen, doch die Sicherheit seines kleinen Bruders war Kerem wichtig. Das letzte Mal hatte Kerem Cinar bei Nev gesehen. Was mit Nev passierte, war Kerem egal. Er wollte nur seinen Bruder so schnell wie möglich finden. Seit ihr Vater nicht mehr am Leben war, herrschte stetiges Chaos im Reich Sican, und die tobenden Bürger vor den Palasttoren waren der Höhepunkt dieser ganzen Misere. Das Volk war es leid, in Armut zu leben. Sie waren es leid, hohe Steuern abzugeben, der Rest reichte kaum zum Überleben. Für einen Moment hielt Kerem inne und wandte sich dem gigantischen Porträt seines Vaters zu. Die Statuen zweier Wolfshunde, das Wappentier des Königreichs, flankierten es. Neben der graublauen Militäruniform des Königs und den zahlreichen Orden auf seiner Brust, war der volle graue Bart das prägnanteste Merkmal an ihm gewesen. Das Bild war das letzte, das man vor seinem Tod anfertigte. Kerem schaute in die dunklen Augen des Mannes, welcher einst so stolz und mit starker Hand über ein blühendes, wohlhabendes Sican regierte. Wenn man nun von jenen Zeiten sprach, schien es, als würde man von einem Märchen sprechen, denn das Reich war krank, zerfressen von Problemen, die das Volk nach und nach auseinanderrissen. Nach dem Tod des Königs wollte die Flut an Katastrophen nicht enden. Furchtbare Unwetter und unzählige Stürme, Dürren, verdorbene Ernten. viele Menschen verloren ihre Existenzgrundlage und ihr Zuhause. Hungernde Kinder, Alte und Schwache, die umherzogen und um Kleingeld und Essensreste bettelten, überfüllten Tag für Tag die Städte. Krankheiten, die man sich im Dreck und in der eisigen Kälte einfing, taten ihr Übriges und setzten den Leben der schwächsten schnell ein Ende. Und bei all dem Leid waren Kerem und Cinar die Hände gebunden. An seinem achtzehnten Geburtstag war es Kerem möglich, den Thron zu besteigen; er war aber erst siebzehn Jahre alt. Bis zum lang ersehnten Tag würde es wohl zu spät sein, wenn es neue Proteste wie jenen vor dem Palast gab. Indessen hatte sein Onkel und Berater Nev als stellvertretender Regent die Geschäfte übernommen, aber statt dem Volk in seiner Not zu helfen, erhöhte er stetig die Steuern. 'Mehr denn je müssen wir nach dem Tod unseres geliebten Königs Haltung bewahren und unser Heer optimieren, damit die anderen Reiche uns als ebenbürtig ansehen', gab er als Begründung für sein Handeln an. Mittlerweile waren Kerem die Machenschaften seines Onkels einfach nur zuwider. Es konnte doch nicht sein, dass das Volk auf Kosten des Militärs leiden musste. Gemeinsam mit Ozan, dem Hauptmann der sicanischen Königsgarde, wollten sie dem unnötigen Steuereintreiben ein Ende setzen und Nev noch vor Kerems Amtsantritt die Befehlsgewalt entziehen. Die beiden Brüder verließen sich auf die Hilfe des Hauptmanns. Aus ihrem Plan wurde allerdings nichts, denn Ozan fiel eines Tages einem Überraschungsangriff der sicanischen Rebellen zum Opfer, die sich aus dem Teil des Volkes zusammengeschlossen hatten, der nicht länger tatenlos zusehen wollte. Wann immer Steuern eingenommen und Ladungen an wertvollem Besitz und Lebensmitteln von. nach. gebracht wurden. die sicanischen Rebellen waren zur Stelle und ließen alles mitgehen, was nicht niet- und nagelfest war. Auch vor den Adligen und reichen Industriellen machten sie keinen Halt. Sie stoppten deren Wagen und nahmen ihr Geld, ihren Schmuck, einfach alles Kostbare, was sie am Leibe trugen. Jedoch ohne dabei auch nur einen einzigen Menschen zu töten. Bis auf Ozan. Prinz Kerem hatte, frustriert über seine Machtlosigkeit, schon lange überlegt, die Rebellen zu unterstützen, sich ihnen sogar anzuschließen. Es war ihm egal, ob er König wurde oder nicht. Ohne die Krone könnte er leben, er würde sogar die Monarchie abschaffen, wenn es sein muss. Hauptmann Ozan war es, dem er als einziger von seinen Gedanken erzählt hatte. Dieser war es auch, der sie ihm wieder austrieb. 'Ich werde Euch auf den Thron bringen, und wir werden Sican retten, und wenn es das letzte ist, was ich tue!', versprach er. Viele Jahre hatte er Kerems Vater gut gedient und Sican sein Leben verschrieben. Er musste an Cinar denken. Sein Bruder war mit seinen vierzehn Jahren noch zu naiv und unbeholfen, als dass er Sican alleine aus seiner Misere hätte holen können. Das letzte, was Hauptmann Ozan tat, war, das Leben Nevs und anderer Adliger zu schützen. Sie waren auf dem Rückweg in die königliche Hauptstadt, Hauptmann Ozan eskortierte sie. Im Handumdrehen hatten die Rebellen sie auf einer Steinbrücke überwältigt. Ozan fiel und die tosenden Wellen des Flusses rissen ihn fort. Man hatte seine Leiche nie gefunden. Kerem war unglaublich wütend auf die Rebellen, denn sie hatten seinen einzigen Vertrauten umgebracht. Nun mussten die beiden Brüder alleine durch die Hölle gehen, ihr Volk aus der Krise retten und es mit Nev aufnehmen. Ihr Onkel war nie um das Wohl seiner Landsleute besorgt gewesen. Was ihn kümmerte, war einzig und allein das Prestige Sicans. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er versuchen würde, ihn und Cinar zu beseitigen, Kerems Krönung stand bevor. In seine Überlegungen versunken, sah Kerem das Gemälde seines Vaters plötzlich nicht mehr. Es gab kein Licht, alle Lampen im Gang waren erloschen. Ein Stromausfall. Kerem lief durch die Dunkelheit. Nur Licht, welches durch Fenster und offene Türen fiel, erhellte schwach die Gänge. Es waren die Fackeln der Demonstranten, deren Rufe immer lauter von draußen hallten. Er lief dorthin, wo er Cinar am häufigsten vorfand: Im Arbeitszimmer ihres Vaters. Dort verbrachte Cinar Stunde um Stunde, ließ sich im Sessel ihres Vaters nieder und wälzte Bücher. Er fehlte Cinar so sehr. Vor dem Arbeitszimmer angekommen, spürte Kerem, dass etwas nicht stimmte. Er trat näher. Im Halbdunkel sah er, dass die Tür angelehnt war. Flüstern und Raunen drang aus dem Inneren. Kerems Hand ging zum Schwert an seinem Gürtel, und er huschte einer Katze gleich durch den Türspalt. Mondlicht erhellte den Raum, und in der Ecke erkannte Kerem eine Silhouette. Es war Cinar. 'Bruder, pass auf!' Ein dumpfer Schlag. Cinar sank zu Boden. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte Kerem die drei Gestalten, die um seinen offensichtlich bewusstlosen Bruder standen. Aus Reflex zückte Kerem sein Schwert. Es leuchtete zunächst auf, verlängerte sich, und die Klinge fing Feuer. Das rote Glimmen des Schwertes erhellte das Arbeitszimmer und ließ den jungen Prinzen die Gestalten deutlich sehen. Kerem machte eine erschreckende Entdeckung: Er sah drei rot-schwarze Uniformen vor sich. Die Angreifer seines Bruders waren sicanische Soldaten! Er hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn ihre Klingen flammten ebenfalls auf. Sie machten sich bereit zum Angriff. Drei gegen einen. Das könnte eng werden. Kerem würde sich und seinen Bruder vor den Verrätern verteidigen, alleine und bis zu seinem letzten Atemzug. Gerade als er in die Enge getrieben wurde, stürmten zwei vermummte Gestalten in den Raum und stürzten sich auf die Soldaten. Schwertklingen schrien bei jedem Schlag auf, angestrengtes Ächzen erfüllte das Arbeitszimmer. Einer seiner Unterstützer kämpfte mit einer Lanze, die sich entzündete, der andere mit einem Schwert, auf dessen Klinge Blitze tanzten. Ihr Knistern vermischte s...

ISBN:

9783988270177
3988270172

Erscheinungsdatum:

21.03.2024

Bindung:

Softcover, Paperback
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