Trügerische Stille in St. Peter-Ording

Prolog Selten in seinem Leben war ihm ein so wunderschönes weibliches Wesen begegnet. Bisher hatte er Liebe auf den ersten Blick als sentimentalen Quatsch abgetan, aber bei ihr schien er seine bisherige Einstellung über Bord werfen zu müssen. Dabei war er wirklich kein großer Romantiker! Er war im Gegenteil sehr praktisch veranlagt und in Bezug auf das weibliche Geschlecht bislang eher pragmatisch gewesen. Klar! Irgendwann würde er sicherlich heiraten und eine Familie gründen, aber das hatte ja noch Zeit. Bis es so weit war, wollte er sich in erster Linie amüsieren und nicht zu viel Verantwortung übernehmen. Als er sie jedoch das erste Mal sah, schien ihm alles, was er davor zu diesem Thema geäußert hatte, schlicht und einfach leeres Gerede zu sein. Mehr noch: übertriebenes Machogehabe; genährt aus der Unsicherheit, von der Frau seines Herzens am Ende vielleicht sogar abgelehnt zu werden. Gab man sich selbst überlegen und unnahbar, konnte man auch nicht verletzt werden. So einfach war die Welt. Bis zu dem Tag, an dem er sie zum ersten Mal sah und sich alles veränderte. Davor hatte er seine Unabhängigkeit geliebt. Alles, was sie bedrohte, war unerwünscht. Danach begann er sich unvollständig zu fühlen, wenn er sie nicht in seiner Nähe wusste. So unbemerkt wie möglich begann er sie zu beobachten, konnte nicht sofort den Mut fassen, sie anzusprechen; geschweige denn, ihr seine spontane Zuneigung offenbaren. Was, wenn sie ihn zurückstieß? Nein! Erst musste er ihr die Gelegenheit geben, ihn kennenzulernen. Langsam und ohne Druck auszuüben. Dafür brauchte er eine Strategie. Wies sie ihn erst einmal zurück, bekam er wahrscheinlich keine zweite Chance. Das durfte auf keinen Fall geschehen. So viel war klar. Doch wie konnte er ihre Vorlieben herausbekommen, ohne sich ihr wirklich zu nähern? Oft wirkte sie traurig, irgendwie in sich gekehrt, als gäbe es da etwas, was sie bedrückte, worüber sie aber mit niemandem sprechen konnte. Wie gerne wäre er derjenige, dem sie vertraute, der sie trösten durfte, der ihr Herz eroberte! Da er sich nicht traute, sie darauf anzusprechen, verlegte er sich aufs Beobachten. Vielleicht war das eine Möglichkeit, sie trotz der Distanz besser kennenzulernen und etwas über sie und ihr Innenleben herauszubekommen. Vielleicht fand er auf diese Weise den Schlüssel zu ihrer Gefühlswelt. Was würde er dafür geben, sie nicht nur still lächeln, sondern lauthals lachen zu sehen! Er wollte ihr das Glück auf Erden bringen, mit ihr durchs Leben tanzen und ihr alle Leichtigkeit bieten, die sie verdient hatte. Würde er einen Weg finden, ihre Liebe zu gewinnen?